Musikfestivals gibt es in jeder Stadt, die kulturell etwas auf sich hält und auch in ländlichen Gegenden haben sie sich etabliert – teilweise schon seit Jahrzehnten.
Auch Ostfriesland durfte sich glücklich schätzen als 1983 die Musikerfamilie König ein internationales Festival mit internationaler Klassik-Prominenz, Jazz, Barock und Weltmusik, den Musikalischen Sommer in Ostfriesland, gründete. Das Konzept des Festivals heißt „Klang und Raum“. In Kirchen, Burgen, Schlössern, Gutshöfen und Parks der Region finden Konzerte statt, deren Programm zu den Spielstätten passt. Die Veranstalter haben sich zum Ziel gesetzt, Musik und Ort genuin zu verbinden. Der Großteil der Konzerte findet in einer der zahlreichen historischen Kirchen der Region statt, wobei (reihum) möglichst viele Gemeinden Ostfrieslands mit geeigneten Kirchenräumen berücksichtigt werden. Weitere Veranstaltungsräume sind die historischen Burgen, Schlösser und Landsitze der Region. Innerhalb weniger Jahre stieg die Anzahl der Konzerte stark an. Im Jahre 2007 gründete sich ein Verein namens Freunde des Musikalischen Sommers in Ostfriesland, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Festival durch Einsammlung von Mitgliedsbeiträgen finanziell zu unterstützen.

Seit 1992 bis 2012 bestand ein Kooperationsvertrag zwischen Familie König und der Ostfriesischen Landschaft (OL) der die Zusammenarbeit regelte. Im Laufe des Jahres 2011 entbrannte ein Streit zwischen der Musiker-Familie König und der Ostfriesischen Landschaft, mit dem sich zuletzt auch das Auricher Landgericht sowie das Oberlandesgericht Oldenburg befasste. Das Klassik-Festival wurde daher ab Sommer 2012 von Wolfram König ohne die Ostfriesische Landschaft durchgeführt. So veranstaltet die OL unmittelbar im darauffolgenden Sommer 2012 erstmalig ihr Konkurrenzfestival „Gezeitenkonzerte“, obwohl der Kooperationsvertrag aufgrund der einjährigen Kündigungsfrist noch bis Ende 2012 Gültigkeit besaß. Auch ohne den öffentlich-rechtlichen Kooperationspartner war der „Musikalische Sommer in Ostfriesland“ vom 27. Juli bis 19. August 2012 ein Erfolg. Die OL veranstaltete hingegen ebenfalls im Sommer vom 21. Juni bis 7. September 2012 die „Gezeitenkonzerte“.

Familie König hat inzwischen eine gemeinnützige GmbH, die „Musikalischer Sommer in Ostfriesland gGmbH“ gegründet und bemüht sich trotz Konkurrenz durch die OL bislang erfolgreich, ihr seit 1983 stattfindendes Festival jährlich fortzuführen. Die OL veranstaltet seither ebenfalls jährlich ihr Festival „Gezeitenkonzerte“.
Ein Vergleich der Konzepte der beiden Festivals offenbart deren große Ähnlichkeit: Sowohl der „Musikalische Sommer“ als auch die „Gezeitenkonzerte“ veranstalten Konzerte der klassischen Kammer- und Jazzmusik. Dabei werden bei beiden Festivals u. a. Stücke derselben Komponisten gegeben. Auch ein Vergleich der Spielorte offenbart Übereinstimmungen. So finden die Konzerte alle in verschiedenen Spielstätten der Region Ostfriesland statt, darunter die Städte Emden, Leer und Wilhelmshaven. Das Eröffnungskonzert des „Musikalischen Sommers“ findet seit jeher in der Lambertikirche Aurich statt. Dort veranstaltete auch die OL jährlich ein Konzert im Rahmen ihres Festivals. Darüber hinaus überschneiden sich etliche Veranstaltungen der „Gezeitenkonzerte“ zeitlich und terminlich  mit Veranstaltungen des „Musikalischen Sommers in Ostfriesland“. Beide finden in einer Zeitspanne von einigen Wochen über die niedersächsischen Sommerferien statt.

Fazit:
– Ostfriesland hat seit 2012 zwei inhaltlich sehr ähnliche Festivals.

– Musikinteressierte wird es freuen, zwischen zwei Angeboten wählen zu können.

– Nach Niedersächsischem Kommunalverfassungsgesetz verstößt dieses Verhalten gegen das Subsidiaritätsprinzip und somit gegen geltendes Recht. (Laut Definition besagt das Subsidiaritätsprinzip, dass Aufgaben immer von der untersten Ebene einer Hierarchie gelöst werden sollen, am besten von einem Individuum oder kleinen Gruppen. Dadurch soll größtmögliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortung des Individuums gegeben sein. Falls es unmöglich oder nicht sinnvoll ist, die Aufgabe als Einzelner zu lösen, sollte der Staat eingreifen und bei der Bewältigung der Aufgabe helfen).

– Sie sollten allerdings auch bedenken, dass die Überschneidungen von Inhalten und Terminen zu Ungunsten einer Wahlmöglichkeit drastisch eingeschränkt werden. (Anm. d. Verf.: So fanden 2017 im Zeitraum vom 23.06.-30.07. insgesamt 32 Konzerte der OL und 31 des Musikalischen Sommers statt. Davon wurden 17 Konzerte zeitgleich und 21 Konzerte am gleichen Tag veranstaltet.)

Quellen:
Eigene Recherche
de.wikipedia.org/wiki/Musikalischer_Sommer_in_Ostfriesland
taz.de: Streit um Klassikfestival in Ostfriesland, abgerufen am 1. Mai 2022.
www.werner-bonhoff-stiftung.de/familie-koenig-vs-ostfriesische-landschaft/